Heiße Reifen zu kaltem Gjerde-Eis

5. September 2014

Kann unsere Reise noch mehr Höhepunkte bringen? Ja sie kann. Wir sind auf dem Weg, um einen Gletscher in Augenschein zu nehmen. Klingt jetzt erstmal gar nicht so abenteuerreich. Wir tippen unser Ziel in den fleißigen Navigator. Dieser führt uns zunächst durch einen 24,5 km langen Tunnel. Der hat sogar speziell beleuchtete Hallen, damit man nicht müde wird. Sehenswert.

Weiter gehts zu einer Mautstraße, was uns jetzt nicht mehr sonderlich wundert. Nicht Böses ahnend fahren wir los. Was wir nicht wissen, wir fahren hier gerade einen Gebirgspass hinauf. Der Motor keucht. Die Fahrerin auch. Auf einer engen Straße kommen uns auch noch Fahrzeuge entgegen. An einer Stelle drängt uns das Manöver von der Straße, der Hänger steht neben der Spur und wir bergauf. Das Auto jault auf und der Motor versagt. Frauchen ereilt der erste kleine Infarkt. Männchen beruhigt es und hält es dazu an, es noch einmal zu versuchen. Der Motor quittiert das mit einem Stöhnen welches in einem Blubbern und einem Verschlucken endet - Sowohl des Motors als auch der Fahrerin. Der Puls der Frau geschätzte 140. Echte Verzweifelung im Gesicht. Männchen zieht seine Schlappen an und steigt aus. Hinter uns versammeln sich schon weitere Autos. Mit großem Krafteinsatz kommt das Auto dank  SvenPower dann zum fahren.


Nun muss er sich aber beeilen... Denn Bremsen geht hier nicht also Hecht-Sprung ins fahrenden Auto, Tür zu, weiter geht's. Aufregend. Mann zufrieden, Frau nicht. Von nun an sitzt Zweifel mit am Steuer. Die Angst es nicht zu schaffen...

Unser abenteuerlicher Aufstieg wird mit einer sagenhaften Berglandschaft belohnt. Hier herrscht ein wahres auf und ab. Immer wenn man denkt, weiter hoch kann es doch jetzt nicht mehr gehen. Ha! Denkste... Nächste Kurve nächster Aufstieg. Der Navigator vermeldet uns 1300 Meter über NominalNull. Entzückend: findet er, bedrückend: sie.

Doch alles hat ein Ende. So finden auch wir nun den Weg nach unten. Wir Rauschen die Straße hinab, nach dem Höhenflug jetzt die Talfahrt.

Uns überholt ein ... Alter Schwede ..., schaltet die Warnblinkanlage ein und bremst uns aus... Verwundert starren wir das Auto an und zögern "Will der etwas von uns?" Wir setzten dann grad zum Überholmanöver an, als die Tür aufgeht und er aussteigt. Scheinbar will er etwas. "Was will er bloß?" Licht ist an, Anhänger hängt auch noch dran... Männchen steigt wagemutig aus und stellt sich dem Mann. Dieser berichtet in englischer Sprache dass unsere Reifen qualmen. Verwundert starrt der eine Mann den anderen an, dreht sich um und geht nachsehen. Tatsächlich. Es raucht... ordentlich... Der freundliche Schwede weißt uns darauf hin, dass wir Pausen einlegen müssen und jetzt erstmal einen halbe Stunde warten sollen. Können wir hier aber nicht. Es sei denn wir wollen als Straßenbarrikade dienen. Mit mulmigen Gefühl im Bauch verabschieden wir uns, nachdem wir uns (natürlich) bedankt haben und  fahren mit qualmenden Bremsen weiter. Nach ein paar hundert Meter kommt dann die errettende Parkgelegenheit. Schöner Ausblick hier. Die Sorge um unsere Bremse drückt allerdings unsere Bewunderung. Ein Blick ins Internet verrät, dass wir vermutlich glimpflich davon gekommen sind, es in solchen Situationen aber zu einer Verglasung der Bremse kommen kann. Der Vorgang an sich ist nicht weiter verwunderlich. Ein gebremster Anhänger ist ja die ganze Zeit bergab am Bremsen... Wenn man da aber nicht drüber nachdenkt.. tja.. Hat man den Brand.

Wir nutzen die Pause die kleinen und großen Reisenden zu füttern. Als dann geht es nun, mit mehr Zwischenstops weiter Richtung Gjerde. Das Muttertier mag Norwegen jetzt nicht mehr ganz so gerne.

Unser Nachtlager für die nächsten Tage ist solide. Eine ältere Frau (80? jeden falls nicht ganz solide wirkend) begrüßt uns, weist uns ein und gibt uns ein paar Prospekte: Gratis-WiFi. Freude. Leider reicht's nicht bis zum Wohnwagen was uns in eine etwas skurrile Situation bringt. Wir sitzen gerade krumm auf einer Bank vor einem Häuschen welches verlassen scheint. Da kommt ein Auto, parkt neben uns und die Familie beginnt zu entladen. Da wir einen Moment zu lange zögern, stecken wir jetzt mitten im Ausladevorgang. Da es noch peinlicher wär', jetzt abzuhauen, surfen wir einfach weiter als sei nichts, während die Familie vor uns auf und ab läuft.

Nachdem Frauchen die Prospekte durchstöbert, entdeckt sie sogar unsere heutige Route. Tinverdingen heißt sie: ist eine private Mautstraße und eine der schönsten Passstraßen Norwegens. Man kann dem Schrieb entnehmen, dass sie sich sogar für Wohnwagen eignet. Ja. Vergesst nicht die PS-Leistung des Autos... Hier sollte man wirklich noch Platz im Hubraum haben.

6. September 2014

"Ice Ice baby" steht für heute an. Nach dem Frühstück geht's also auf zum kleinen Trip. Es gibt sogar Führungen auf den Gletscher. Aber nicht für uns, nur bis August. Mann Mann hier reibt  man echt die Bürgersteige mit Zitronen ab, wenn die Saison endet... Als gäb's kein Eis im Winter.

Auf dem Weg zum Parkplatz, wer hätte das gedacht: Maut. Der Automat veralbert uns etwas, er signalisiert einen Fehler, spuckt trotzdem ein Ticket aus. Die Schranke bleibt beharrlich unten... EC-Karte wieder weg, Visa raus. Automat öffnet die Schranke, diesmal ohne Ticket... Wir sind drin - Rest egal.

Es gibt eine Bootstour zum Gletscher, aber wir wollen unsere Füße ja auch hin und wieder mal benutzen. Ja.. Ehrlich... Also straucheln uns kraxeln wir uns die ersten Meter empor. Da kommen uns ein paar Touristen entgegen und richten entmutigende Worte an uns. Man spricht von gefährlich und glitschig. Eine sportiv wirkende Frau berichtet uns von ihrem Sturz und das sogar ihre Kamera irgendwo angeschlagen sei. Hmm für uns sieht die völlig unbeschädigt aus. Zweifel machen sich breit. Sie reden noch eine Weile auf uns ein. Dann vertönt sich der Herdenführer "Wir gehen erstmal los, sollte es zu schlimm werden, kehren wir um." Kopfschütteln begegnet uns. Aber wir gehen weiter. Hat Gallileo auf seine Widersacher gehört? Oder Napoleon? Pah!

Wir passen uns dem Gelände an. Der Junior stellt fest: "Hier brauchen wir einen Geländewagen, es ist so umwegsam." Der Herdenführer versucht ihm gerade beizubringen, das Gelände nicht mehr oder weniger geländig ist, sondern mehr oder weniger unwegsam. Die Botschaft scheint langsam durchzudringen.

Nachdem wir etwa die Hälfte der Strecke abgetrampelt haben, fragen wir uns langsam, wann jetzt diese ominösen Gefahrenzonen wohl kommen. Bleiben dennoch weiterhin sehr achtsam.


Steine, Sträucher, Felsen, Moose, Kiesel, Sand und Schlamm lassen wir betreten zurück. Der Aufstieg zum Gletscher ist kein Sonntagsspaziergang. Aber im Vergleich zu Skurugata... sagen wir es so... Skurugata hat uns das Blut in den Adern erkalten lassen. Hier kühlt uns nur der Wind.

Am Gletscher angekommen, versperrt uns so ein Seil den Weg und weißt uns darauf hin, wie gefährlich es sei den Gletscher zu erklimmen. Mutig steigt das Muttertier über die Leine, zweifelnd tut der eigentlich regeltreue Herdenführer es gleich. Nachdem wir alle den Gletscher angefasst haben - der Alphawolf konnte es nur gerade so unterdrücken daran zu lecken - postieren wir uns fürs Bild. Fein.

Auf dem Rückweg knickt dem Männchen der Fuß zweimal hintereinander um. Nun ist er gezwungen, langsamer zu machen. Gut für den Rest. Wir sind ja nicht auf der Flucht. Er nutzt das kalte Fjord-Wasser immer mal wieder zum Kühlen.


Rechtzeitig aber nicht zu früh - gerade als wir wieder am Parkplatz sind, beginnt es zu regnen. Zurück am Campingplatz rettet der Herdenführer nicht nur die Wäsche der Zwillinge sondern auch die der Campingplatz-Betreiberin. Das bringt ihm 3 kostenlose Duschmünzen ein.




Am Abend beschließen wir, dass wir morgen auch noch hier bleiben.
Verschieben das Bloggen und entspannen uns beim Filmschauen.

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